Im marcom suisse Forum am 18. August 2020 führte Claudio Alborghetti, Leiter Personalgewinnung am Universitätsspital Zürich in das Thema Employer Branding ein und demonstrierte anhand mehrerer Kampagnen, was es zu beachten gilt.
Witz und Ironie als Differenzierungsfaktor
Anstatt der üblichen Videos, in denen einzelne Mitarbeitende erzählen, warum sie gerne in einem Unternehmen arbeiten, differenziert sich das USZ über Witz und Ironie – wie im Video „Willkommen im USZ Notfall„.
Rekrutierung ist ein beidseitiges Werben
„Rekrutierung ist heute ein beidseitiges Werben. Es ist nicht mehr so, dass man einfach eine Stelle ausschreiben kann und automatisch genügend und sehr gute Bewerbungen bekommt. Heute ist es so, dass sich auch das Unternehmen bei den Kandidaten bewerben muss“.
Employer Branding hängt sehr eng mit der Rekrutierung zusammen, doch es endet nicht mit der Bewerbung. Es beginnt viel früher, in dem man latent Suchende oder gar nicht Suchende anspricht, so dass man bereits in deren Köpfen ist und möglicherweise erst in zwei oder drei Jahren für diese Personen interessant wird. Es geht nach der Einstellung weiter, dass man die Mitarbeitenden für sich gewinnen kann, damit sie gute Erfahrungen mit dem Unternehmen machen und diese auch nach aussen tragen.
Das Kandidatenverhalten ist wichtig für das Employer Branding
Ein weiterer Einflussfaktor für das Employer Branding ist das Kandidatenverhalten. Nach einer Studie von XING steigt die Wichtigkeit des Employer Brandings, weil inzwischen die Hälfte aller Kandidaten lieber vom Unternehmen angesprochen werden wollen, anstatt sich selbst aktiv zu bewerben.
Über 80% der Bewerber teilen ihre Erfahrungen mit Familien, Freunden und Bekannten und über 70% vertrauen darauf, was andere über das Unternehmen berichtet haben.
Deswegen sind die Erfahrungen der Kandidaten im Rekrutierungsprozess zentral. Eine schlechte Candidate Experience hat auch einen negativen Einfluss auf das Employer Branding und kann nicht durch andere Aktivitäten wie Videos, Bilder oder Broschüren wieder wettgemacht werden.
- 50% der Kandidaten wollen lieber vom Unternehmen angesprochen werden, anstatt sich aktiv zu bewerben
- 80% der Bewerber teilen Ihre Erfahrungen mit ihrer Familie und ihren Freunden
- 70% vertrauen auf Bewertungen
Einflussfaktoren auf das Employer Branding
- Identität und Werte des Unternehmens
- Werthaltigkeit und Attraktivität seiner Produkte
- Stärken des Unternehmens als Arbeitgeber
- Bedürfnisse und Anforderungen potentieller Arbeitnehmer
- Integrität der Arbeitgebermarke
- Stärken der Wettbewerber im Arbeitsmarkt$
- Aktuelles Image des Unternehmens als Arbeitgeber
Vorgehen am USZ für das Employer Branding
Das Employer Branding für das USZ entstand in enger Zusammenarbeit zwischen HR, Marketing und Unternehmenskommunikation.
Basierend auf der vorher erstellten „Employer Value Proposition“ wurde eine übergreifende Personalmarketing Strategie definiert und implementiert.
Mittels der erarbeiteten Social Media- und Kommunikationsstrategie wurde eine ganzheitliche Arbeitgebermarke aufgebaut.
Employer Branding ist ein Prozess. Es hängt sehr eng mit der Rekrutierung von neuen Mitarbeitenden zusammen. Doch beginnt es es lange vorher und endet nicht mit dem Erhalt der Bewerbung.
Vorgehen bei der Strategieentwicklung
Wenn man die Strategie aufsetzen möchte, ist es wichtig, mit den drei unterschiedlichen Wahrnehmungen zu arbeiten. Wenn man das Zusammenspiel zwischen externer, betriebsinterner und erwünschter Wahrnehmung nicht fundiert abklärt, verpasst man mindestens zwei wesentliche Faktoren, die in die Strategie mit einfliessen.
Wichtigkeit unterschiedlicher Wahrnehmungen
Betriebsinterne Wahrnehmung
Wenn wir mit der betriebsinternen Wahrnehmung beginnen, dann handelt es sich um das „Grundrauschen“ in einer Unternehmung. Wie wird das Unternehmen von den Mitarbeitenden wahrgenommen. Gleichzeitig muss man sich bewusst sein, dass diese Wahrnehmung unterschiedlich sein kann. Dabei spielt auch die Komplexität des Unternehmens eine Rolle. Kleinunternehmen benötigen weniger eine Employer Value Proposition als grössere Unternehmen.
Im USZ arbeiten über 8’000 Menschen in über 120 verschiedenen Berufsgruppen, von denen ein Teil ständig mit Patienten in Kontakt ist, der andere Teil dagegen gar nicht. So ergibt sich in den unterschiedlichen Berufsgruppen auch eine unterschiedliche Wahrnehmung.
Erwünschte Wahrnehmung
Demgegenüber steht die erwünschte Wahrnehmung, die stark von der Strategie getrieben ist. Dies kann im Gegensatz dazu stehen, was sich die Mitarbeiter zur Wahrnehmung wünschen.
Externe Wahrnehmung
Die betriebsinterne und die erwünschte Wahrnehmung müssen kombiniert werden mit der externen Wahrnehmung, d.h. wie wird ein Unternehmen von der breiten Öffentlichkeit wahrgenommen. Dort spielen neben dem Employer Branding und anderen Kommunikationskanälen auch die Medien eine wichtige Rolle.
Idealerweise spielen alle drei Wahrnehmungsfelder sehr gut zusammen. und sind wie in dem kleinen Bereich in der Mitte.
Die Hauptarbeitsfelder ergeben sich in den Bereichen, in denen die Überlappungen am kleinsten sind. Je nach externer und interner Wahrnehmung ergeben sich unterschiedliche Massnahmen. Weicht zum Beispiel die betriebsinterne Wahrnehmung stark von der erwünschten Wahrnehmung ab, dann muss inhouse sehr viel unternommen werden.
Das USZ als Arbeitgebermarke
Eine klare und attraktive Arbeitgebermarke ist essenziell für die Rekrutierung der richtigen Fachkräfte. Diese muss einheitlich kommuniziert werden.
Das USZ als Arbeitgeber steht für
- Training und Entwicklungsmöglichkeiten
- Vielfalt
- Forschung und Innovation
Über Social Media zur Zielgruppe
Über die verschiedenen Social Media Kanäle werden authentische Einblicke „hinter die Kulissen“ und Aktionen für Mitarbeitende kommuniziert.
- die Arbeitgebermarke
- die USZ Kultur
- Wertschätzung für die Mitarbeitenden
- Ein „Wir-Gefühl“ unter allen Berufsgruppen
- Emotionale Bindung zum USZ
- Informelle Aktion mit und unter den Mitarbeitenden
Wie ging das USZ bei der Kampagnenplanung vor
Der Fokus lag auf Berufsgruppen, die gar nicht bekannt sind. Employer Branding ist immer ein Abstimmungsprozess zwischen Human Resources, Unternehmenskommunikation und Marketing. Das gesamte Employer Branding muss in das Marketing des Unternehmens integriert sein.
Das USZ will sich als attraktive Arbeitgebermarke positionieren. Dazu wurden Kampagnen mit den folgenden Elementen geplant:
- Social Media Posts mit selbst produzierten Videos
- Wettbewerbe
- Themenspezifische Kampagnen wie zum Beispiel die Ausbildung zum Fachmann für Operationstechnik.
Das Ganze soll in einer authentischen Form daher kommen, deshalb ist es wichtig, dass das USZ seine Employer Branding Videos selbst produziert und die eigenen Mitarbeitenden zeigt.
Ein Beispiel ist die Kampagne zum internationalen Tag der Pflege auf Facebook, Instagram und LinkedIn. Dort wurden die folgenden Ergebnisse erzielt:
Organische Posts (erreichte Personen)
Facebook: 5’075
Instagram: 3’181
LinkedIn: 12’118
Bezahlte Posts (erreichte Personen)
Facebook: 11’187
Instagram: 7’440
Wettbewerbe
- Mitarbeitende konnten ein Foto aus ihrem Pflegealltag einreichen.
- Die Fotos wurden auf Facebook und Instagram geteilt.
- Die Mitarbeitenden konnten den Beitrag teilen und ihr Netzwerk zum Liken aufrufen.
- Die drei Fotos mit den meisten Reaktionen haben einen Globus-Gutschein gewonnen.
Der Erfolg der Kampagne zeigte bei Facebook 17’500 und bei Instagram 7’869 erreichte Personen durch organische Posts.
Themenspezifische Kampagnen
Ausbildung zur Fachfrau/Fachmann für Operationstechnik
Themenspezifische Kampagnen realisiert das USZ oft auch mit externen Partnern. Ein Beispiel dafür ist die Kampagne, die auf die Ausbildung zur Fachfrau / zum Fachmann für Operationstechnik HF über Facebook und Instagram aufmerksam machen sollte.
Mit sponsored Posts wurden insgesamt rund 200’000 Personen erreicht, die auf die Website zur Ausbildung aufmerksam gemacht wurden.
Weitere Möglichkeiten beim Employer Branding
- Inhouse Verteilaktionen (Tag der Händehygiene)
- Leadgenerierung an Events (z.B. Care Faie 2018)
- Passende Bilder für Stellenanzeigen, Firmenportraits, Imagekampagnen, etc.
- Nutzung von „Enablern“, um die Reichweite zu erhöhen
Heineken – eines der besten Employer Branding Videos
Zu guter Letzt noch ein Beispiel eines sehr gelungenen Employer Branding Videos. Es geht nicht darum Bilder zu zeigen, sondern einen Eindruck zu vermitteln, wie eine Firma „tickt“.