Was sind die Megatrends der nächsten Jahre und welchen Einfluss haben sie und die Digitalisierung auf die zukünftige Arbeitswelt? Diese Fragen beantwortete Simona Scarpagaleggia beim marcom suisse Forum am 28. Januar 2020 in Zug.

Simona Scarpaleggia war von 2010 bis zum 30. September 2019 CEO von IKEA Schweiz. Inzwischen ist sie globale Leiterin der Initiative „The Future of Our Work“ bei INGKA, der Muttergesellschaft der überwiegenden Mehrheit der IKEA Ländergesellschaften im niederländischen Leiden.

Für ihr letztes Geschäftsjahr Ende September 2019 konnte Frau Scarpaleggia melden, dass der Jahresumsatz um 4% gesteigert wurde. Gewachsen ist IKEA Schweiz vor allem im E-Commerce-Geschäft.

Die Besuche auf der IKEA Webseite haben innert Jahresfrist um ein Viertel zugenommen und der Umsatz ist um 18% gestiegen. Mittlerweile trägt der Online Shop rund 9% zum Umsatz bei.

Simona Scarpaleggia präsentierte die Megatrends der nächsten Jahre und an welchen Modellen IKEA arbeitet, um die Mitarbeitenden für den digitalen Wandel fit zu machen.

IKEA hat 5 Trends identifiziert, auf die sie in den nächsten Jahren Antworten geben wollen.

Kundenbedürfnisse und ihr Einfluss auf die Marke

IKEA hat fünf wichtige Megatrends bei den Kundenbedürfnissen identifiziert, auf die sie in den nächsten Jahren Antworten geben wollen.

1. Zunehmende Individualität

Früher waren IKEA Möbel hauptsächlich im Schweden Stil designt. Inzwischen werden die Möbel zunehmend an individuelle Bedürfnisse angepasst. Heute geht es darum, im Laden nicht nur einen Kaufprozess abzuwickeln, sondern dem Kunden eine emotionale Erfahrung zu bieten.

Bisher war IKEA vor allem mit grossen Stores ausserhalb der Städte in Industriegebieten angesiedelt. Inzwischen geht IKEA mit City Center Stores auf diesen Trend ein. Den ersten Test machte IKEA Schweiz mit einem Pop-Up Store in der Zürcher Bahnhofstrasse. Dort gibt es vor allem Kleinmöbel und Dekoartikel, die sich auch ohne Auto direkt mitnehmen und transportieren lassen.

2. Beziehungen aufbauen

Menschen möchten zunehmend emotional miteinander verbunden sein. Für IKEA bedeutet dies, mit den Kunden noch mehr in den Dialog zu gehen. IKEA hat on- und offline Communities geschaffen, in denen sich Kunden begegnen und austauschen können.

3. Verantwortung übernehmen

Dies hat viel mit Vertrauen zu tun. IKEA war 2015 die erste Firma, die sich Gender Equality Ziele gesetzt hat. Inzwischen herrscht Lohngleichheit und das Geschlechterverhältnis ist 50 zu 50, auch auf Management-Ebene.

4. Anpassung der Innovationen

IKEA war bereits in der Vergangenheit sehr innovativ. Doch die Geschwindigkeit, in der Innovationen entwickelt werden, muss sich weitere steigern. Deshalb hat IKEA den Co-Creation Hub in Schweden geschaffen, der neue Ideen aus allen Ländern sammelt und testet.

5. Life Streamlining

Life Streamlining bedeutet, alles wegzulassen, was überflüssig ist. Das bedeutet künftig: weniger aber nachhaltigerer Konsum und Menschen, die weniger besitzen, ziehen in kleinere Wohnungen.

Simona Scarpaleggia im Gespräch mit Teilnehmerinnen

Future of work

Der technische Fortschritt hat das Kundenverhalten in den letzten Jahren signifikant verändert.

Digitalisierung – die vierte industrielle Revolution

Die Digitalisierung, auf dem WEF 2020 auch als vierte industrielle Revolution bezeichnet, verändert unser Konsumverhalten und unsere Arbeitswelt radikal.

In der Schweiz hatte IKEA im E-Commerce jährliche Wachstumsraten bis zu 30%. Die Kunden gehen zwar immer noch in den Laden, um Möbel zu kaufen, aber ein Teil hat den Shift von Off- zu Online schon vollzogen.

Diese technische Revolution bringt grosse Vorteile mit sich. Vieles kann besser, schneller und billiger erledigt werden. Was von Maschinen erledigt werden kann, sollte von Maschinen erledigt werden. Das setzt bei den Mitarbeitern Ressourcen frei, die für die Kundenbetreuung genutzt werden können.

Studien von Boston Consulting Group und MIT zufolge werden 50% aller Tätigkeiten automatisiert werden. Das heisst aber nicht, dass automatisch 50% aller Jobs wegfallen werden. Nach der Prognose des MIT werden durch die Digitalisierung sogar mehr neue Jobs entstehen. Das Problem ist nicht der Mangel an Jobs, sondern der Übergang von alten in die neuen Jobs.

Mitarbeiter müssen auf neue Tätigkeiten umgeschult werden

Bei IKEA heisst dies, dass 45% der Mitarbeiter auf neue Tätigkeiten umgeschult werden müssen. Wie die neuen Jobs genau aussehen werden, wissen wir noch nicht genau. Was aber sicher ist: Körperliche und handwerkliche Fähigkeiten werden weniger gefragt werden. Dafür werden Kompetenzen in Problemlösung, Beziehungsaufbau, soziale und emotionale Kompetenzen zunehmend wichtiger.

Dazu zwei konkrete Beispiele

Geänderter Kaufprozess

Der bisherige Kaufprozess sah so aus: Der Kunde geht zum Counter, der Verkäufer fragt ihn, was er will, tippt die Codes in den Computer und druckt eine Rechnung mit den Lagerplätzen aus. Dann geht der Kunde zur Kasse und holt seine Ware an der Warenausgabe.

In UK wird derzeit ein anderer Prozess getestet, bei dem der Kunde sein Produkt direkt scannt, bezahlt und im Lager abholt. So fällt ein Teil der bisherigen Arbeit weg.

Wegfall von Kassierer-Jobs

Ein Teil der Kassierer-Jobs wird durch die zunehmendem Self-Scanning Stationen wegfallen. Mit den Mitarbeitenden werden individuelle Lösungen für neue Einsatzbereiche gesucht: Sei es im Verkauf oder in der Administration, je nach den individuellen Kompetenzen.

Das Hauptziel dieses Projekts ist es, die Beschäftigungsfähigkeit «Employability» der Mitarbeitenden zu erhalten und zu fördern.

Geänderte Anforderungen an Führungskräfte

Die Führungskräfte der Zukunft müssen viel empathischer sein. Es wird mehr inspirierende Klarheit bei der Festlegung von Zielen sowie die Fähigkeit ein Klima des Vertrauens zu schaffen, erwartet. Sie müssen sowohl Ziele setzen, es aber auch ermöglichen, aus Misserfolgen zu lernen.

Die Megatrends der nächsten Jahre

Klimawandel

Die Temperatur auf der Erde wird um 5 Grad zunehmen. Das wird zu einem Desaster führen. Nach Meinung von Experten haben wir noch 12 Jahre Zeit, um diesen Trend der Klimaerwärmung umzukehren.

Der Klimawandel macht sich auch in der Schweiz bemerkbar. Früher gab es lange, kalte Winter. Nun wird es immer wärmer, die Winter werden milder und die Gletscher schmelzen ab.

Zunehmende Verstädterung

Weltweit ziehen immer mehr Menschen in die Städte. 500 Städte auf der Welt werden mehr als 1 Million Einwohner haben. Das ist ein grosses Problem für die Menschheit .

Zunehmender Wohlstand

Bis zum Jahr 2030 werden 3 Milliarden Menschen aus der Armut herauskommen. Wir haben nicht genug, Ressourcen, um Möbel für alle diese Menschen zu produzieren. Deshalb experimentiert IKEA mit Recyclingmateralien.

„Am Ende wird man sich an das erinnern, was wir übrig lassen, nicht an unseren Umsatz oder an unsere Möbel.“

Simona Scarpaleggia – Our Legacy

Das war das Schlusswort von Simona Scarpaleggia, bevor es anschliessend mit einem Apero riche mit angeregten Diskussionen weiterging.

marcom suisse Präsident Matthijs Ouwekerk im Gespräch mit Teilnehmern

Marcom suisse veranstaltet sechsmal im Jahr Foren zu unterschiedlichen Themen.
Das nächste marcom suisse Forum findet am 14. April 2020 in Zug statt.

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Simona Scarpaleggia: IKEA – Digitalisierung und New Work

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